An der Grenze zwischen Sein und Nichtsein

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Wir befinden uns in der Hospizarbeit ständig an der Grenze zwischen Leben und Tod. Was brauchen Menschen auf dem Weg aus dem Leben heraus? Unterscheidet sich das von dem, was ich mitten im Leben brauche? Denn auch ich werde eines Tages sterben. Mir meinen eigenen Tod zu vergegenwärtigen, kann ein erster Abbau von Grenzen zwischen mir und dem sterbenden Menschen sein, denn in Verbundenheit lebt und stirbt es sich leichter. Wir haben meistens die Wahl, wie wir unser Leben gestalten wollen, wir sind nicht ausgeliefert, sondern können unsere Haltung zum Leben beeinflussen.

Kann ich auch im Sterben noch eine existenzielle Kraft spüren, die es mir ermöglicht, trotz Erkrankung innerlich gut und erfüllt zu leben, die Schönheit und Fülle des Lebens auskostend? Was trägt mich, wenn nichts mehr trägt? Was gibt Sicherheit, wenn der physische, psychische, soziale oder spirituelle Schmerz da ist?

Schmerzmedikamente und Beruhigungsmittel sind das eine. Aber auch Menschen, die einfühlend dabei sein können und sich auf den Prozess des Gegenübers einlassen, sind wichtig. Denn das Angenommensein von Menschen kann auch als Angenommensein von etwas Größerem erlebt werden. Weiterhin ist es wohltuend, wenn jemand aktiv zuhört, Gefühle wahrnimmt und gelten lässt, Körperkontakt gibt, die Hand hält – Halt und Schutz gibt, und trotzdem Raum lässt. Rituale, Liebe, Wärme, Geborgenheit und Vertrauen sind existenziell, damit Menschen, die im Sterben liegen, die Erfahrung machen, würdevoll wertgeschätzt zu sein. Ihr „heiler Kern“ ist sichtbar, über die bestehenden Defizite hinaus. Es entsteht eine gleichberechtigte Verbindung, in der nicht das Sterben im Vordergrund steht, sondern das Leben im Moment, im Hier und Jetzt. Voll mitLeben.

Um Vincent van Gogh zu zitieren: „Was aus Liebe getan wird, ist gut getan“.